08 Feb Fruchtbarkeitsrituale und Tantra-Workshops im Schlumpfhaus
Wir schlagen hier einen abenteuerlichen Bogen von heidnischen Fruchtbarkeitsritualen und Hexenverbrennungen über (nicht-) kopulierende Schlümpfe bis hin zu Nippelklebern – wow!
Wir bei LONESOME DRAGON sind weder Esoteriker noch Schamanen (wären wir zwar irgendwie gern…) und mit stehen mit beiden Beinen fest auf dem Boden und im Leben.
Trotzdem. Auf die Gefahr hin, dass es kitschig und verklärt tönt, glauben wir, dass Sexualität etwas sehr Göttliches und auch sehr spirituell sein kann.
Nicht umsonst erfreut sich auch Tantra – auch wenn dies oft nur als Masche zur Geldmacherei missbraucht wird – zunehmender Beliebtheit bei der Sinnsuche des modernen Menschen; wohl spürend, dass es irgendwo noch ein «mehr» gibt.
Gerne stellen wir uns in süsser romantischer Verklärung vor, wie früher die Menschen beispielsweise zu wichtigen Ereignissen wie der Sommer- oder Wintersonnenwende (ja, das heutige Weihnachten) ihrer Liebe zur Natur und dem Leben durch Tanzen Ausdruck verliehen haben und dabei auch die körperliche Ekstase und das Ausleben der Lust ein natürlicher Bestandteil des Zelebrierens und der Hochachtung vor der Natur waren.
Ein Traum mit der körperlichen Vereinigung als Ritual und Huldigung der Ehrfurcht vor der Natur, der Liebe und vielleicht auch der Dankbarkeit für den göttlichen Funken, der uns gegeben wurde.
Make Love not War
Umso mehr gibt uns das Wissen Ruhe und Zuversicht, dass die dunklen Zeiten vorbei sind und sich in den letzten 50 Jahren das Verhältnis des modernen Menschen zu Sexualität wieder gewandelt hat. Wir sind (hoffentlich) auf dem Weg zu einem wieder offeneren Umgang mit dem Natürlichsten und Schönsten der Welt.
Dies ist nicht nur erfreulich im Sinne der Lebensqualität und weil wir sonst vielleicht einfach etwas Schönes verpassen, nein, die Veränderung geht viel tiefer, als wir uns dessen vielleicht bewusst sind.
Die Libido ist nicht nur grösster Antriebsmotor für unsere Handlungen, es scheint auch einen offensichtlichen Zusammenhang zwischen unterdrückter Sexualität, Unzufriedenheit und Gewalt bis hin zum schrecklichsten Terror zu geben, welcher sich nicht von der Hand weisen lässt.
Playmobil und Schlümpfe
Unser vermeintliches Glück und Aufatmen über die derzeitige Liberalisierung wird jedoch überraschend wieder getrübt, wenn wir feststellen, wie tief verwurzelt die Tabuisierung doch immer noch in unserer Gesellschaft zu sein scheint.
Mehr noch, bei genauerem Nachdenken verstört und erschreckt es uns richtiggehend, wie verschoben unser Umgang mit gewissen Themen ist. Während das Natürliche, Spirituelle, und Liebevolle, welches der Sexualität anhaftet, vor Kindern sogar «verborgen» wird um sie nicht zu traumatisieren, scheint eine Mehrheit der Menschen es völlig natürlich zu finden, dass Gewalt nicht nur allgegenwärtig ist, sondern sogar bereits vom frühen Kindesalter an akzeptierter und ungefilterter Bestandteil des Lebens ist.
Natürlich hatten auch wir als Kinder Spielzeugpistolen, hatten unschuldig «Cowboy und Indianerlis» gespielt und uns lustvoll selbst «getötet», das hatten wir damals völlig natürlich gefunden (ja, sogar mit dem grossmütig lächelnden Segen der Eltern), während uns aber bewusst war, dass hingegen «Dökterlis» zu spielen definitiv etwas «Böses» war und damit überhaupt die ganze Thematik ausgeblendet werden musste.
Wie kann es sein, möchte man einfach nur noch verzweifelt herausschreien, dass es möglich ist, dass Kinder beispielsweise mit serienmässig schwerbewaffneten Playmobil-Figuren das gegenseitige Umbringen und morden spielen dürfen (das ist ja immer so lustig und herzig, wenn die Kleinen das machen), während der notfallmässige Gang zum Kinderpsychologen und der Besuch der KESB gewiss wären, würden die Kinder «Liebe» mit serienmässig nackten Playmobil-Figuren spielen oder gar einen Nacktschlumpf-Tantraworkshop im Schlumpfhaus veranstalten würden (*schock*).
Sexualität ist teuflisch, Gewalt jedoch natürlich
Eigentlich unfassbar: die Kunde von Bomben zerfetzter Menschen in den familientauglichen Morgennachrichten ist nichts Besonderes, all das scheint für das Wohl unserer Kinder unbedenklich zu sein, während – man stelle sich diesen Skandal nur schon vor! – ein Nippel (*kreuzschlägt*) im Frühstücksfernsehen die Familie verstören und die Psyche unseres Kindes nachhaltig in Mitleidenschaft ziehen würde.
Wunderbar auf den Punkt gebracht im Guardian hier vom User VSLVSL (als gerade von IS geköpfte Menschen im Trend und Videos von Köpfungen in den (Social) Medien sehr populär waren):
Quelle: https://www.theguardian.com/lifeandstyle/shortcuts/2015/jul/07/instagram-facebook-female-nipple-ban-use-male-nipples-instead
Frei übersetzt: «Was lernen wir daraus? Willst du nicht in den Social Medien erscheinen, wenn Du von Terroristen geköpft wirst – zieh vorher einfach deinen BH aus.»
Ich glaube, treffender kann man das gar nicht mehr auf den Punkt bringen. Der andere Spruch darunter ist genauso genial, lässt sich aber leider nicht ohne gravierende Einbussen der Pointe ins Deutsche übersetzen.
Macht die Welt zu einem sicheren Ort
Wohlgemerkt: der Teufel wohnt ja nur WEIBLICHEN Nippeln inne (was erstaunlicherweise in der ganzen Gender-Diskussion kein Problem darstellt). Die viel harmloseren männliche Nippel scheinen hingegen, obwohl baugleich, keine traumatisierenden Wirkungen auf Kinder zu haben (es sind uns jedoch keine wissenschaftlichen Studien bekannt und wir übernehmen daher keine Gewähr für diese Aussage). Dass den Kindern aber noch kurz vor der plötzlichen Dämonisierung just solche Nippel im Stundentakt in den Mund gesteckt wurden, blenden wir jetzt auch mal aus. Im Ernst Leute, gibt das alles niemandem zu denken?
Witzig in diesem Kontext übrigens noch eine Trouvaille auf Instagram, wo ja bekanntlich durch einen widerrechtlich auftauchenden weiblichen Nippel auch sofort DEFCON 1 ausgelöst wird: https://www.instagram.com/genderless_nipples/
Aber gut, wie schützen wir uns und unsere Kinder denn nun vor dem nippelifizierten und allgegenwärtigen Bösen auf der Welt, welches ja hinter fast jeder Ecke und unter so mancher Bluse, wie wir stark vermuten, hinterträchtig auf uns lauert?
Es gibt nun endlich eine clevere und familientaugliche Lösung! Findige Anbieter stellen nun verzweifelten Bloggern, Instagrammern und Youtubern etc. täuschend echt aussehende Aufkleber von MÄNNLICHEN Nippeln zur Verfügung! Das ist das Ende der schleichenden Verrohung unserer Gesellschaft und des Internets!
Damit wird dem strikten Verbot weiblicher Nippel auf den gängigen Social Media Plattformen – klebt man denn diese Sticker einfach auf den weiblichen Nippel – genüge getan und die Gefahr für die gesunde Entwicklung unserer Kinder ist endlich gebannt. Yeah!
Ach, die Amis eben… oder das Böse ist immer und überall
Lächelnd mag man abwinken, dass wir uns in Europa dieser angelsächsischen, puritanischen und lächerlichen Hysterie erfolgreich entziehen konnten. Und dass gerade auch in der Schweiz ein viel unverkrampfteres Verhältnis herrscht, wie auch das frei zugängliche Erotiksortiment von Coop und Migros belegen. Bei uns herrscht eben noch das berühmte Schweizer «Augenmass», will heissen, wir lassen immer noch gesunden Menschenverstand walten.
Leider wurden wir – obwohl wir ernsthaft überzeugt sind, uns mit unseren stylishen LONESOME DRAGON Liebesschaukeln in keinster Weise im Porno- oder Schmuddelsegment zu bewegen, bald eines Besseren belehrt.
Dass wir sicherstellen müssen, dass nirgends, aber wirklich auch nirgends einer dieser bereits erwähnten teuflischen Nippel hervorlugt, weil es sich sonst auch in der Schweiz sofort ausgegoogelt hat, wurde uns schnell klar. Aber auch so dürfen wir keine Netzwerk-Anzeigen bei Google schalten, weil wir auf dem «Erwachsenen»-Index sind.
Enttäuscht waren wir dann aber, als wir nicht einmal auf eBay verkaufen durften. Obwohl als gewerblicher Händler registriert und alle Prüfungen erfolgreich durchlaufen sowie Aufnahmebedingungen für diese «spezielle Kategorie von Artikeln» erfüllt, wurde uns dann am Schluss mitgeteilt, dass wir mindestens 300 verschiedene Artikel im Sortiment haben müssten, um für diese «besondere» Kategorie zugelassen zu werden. Danke vielmals für das Gespräch.
Gut, typisch Amis eben. Aber es gibt ja glücklicherweise auch noch Schweizer Portale, die sind cleverer. Also weiter zu Ricardo.ch . Denkste – auch Fehlanzeige. Dort fallen Liebesschaukeln nämlich unter BDSM-Zubehör, allerdings darf auch sonst nichts lustförderndes auf Ricardo verkauft werden (ü18 Gewaltvideos hingegen sind in Ordnung, Hauptsache Ricardo schützt uns vor dem wahren Bösen und Übel dieser Welt).
Tutti.ch und so? Nein, keine Chance. Auch hier fällt alles, was mit Lust zu tun hat, unter den Index verbotener Inhalte. Also doch leider nicht ganz so Tutti wie man meinen würde….
Und wohlgemerkt, wir sprechen jetzt hier von den fröhlichen und farbenfrohen LONESOME DRAGON Schaukeln, welche wie wir denken, nun wirklich absolut nichts Anrüchiges sind, in jedem Wohnzimmer «ä gueti Fallä» machen und sogar als Relax-Hängesessel verwendet werden.
Eigentlich soll das ja gar nicht Gegenstand dieses Blogs sein. Aber jetzt habe ich mich schon in Rage geschrieben, und wenn wir schon dabei sind: wenn Euch unsere Liebesschaukeln, an denen unser ganzes Herzblut hängt, auch gefallen und Ihr unser Konzept mögt, welches die Liebesschaukel aus Ihrer Schmuddelecke holt – unterstützt uns doch, indem Ihr auf Facebook, Google+ und anderen Social Media über uns sprecht, uns dort mit anderen teilt und uns in Foren erwähnt und verlinkt.
Damit ermöglicht Ihr auch anderen Menschen Zugang zu etwas, was vielleicht ihr Liebesleben noch vollkommener und ausgefüllter macht und damit (ja, oberkitschig, aber ernst gemeint) die Welt ein klitzekleines Stückchen besser macht – vielen lieben Dank!
Auftritt der Hexen
So, nun genug philosophiert, gemeckert und rumgeblödelt. Die Frage, die uns immer noch beschäftigt ist, wie es überhaupt so weit gekommen ist. Und hier kommen nun endlich die lang erwarteten Hexen ins Spiel!
Die landläufige Meinung ist, dass halt einfach die christliche Kirche dafür verantwortlich ist, dass Lust und Liebe auch bei uns leider immer noch ein ziemliches Tabu sind. Und natürlich dass vorher alles anders und wie immer besser war.
Wir waren aber extrem neugierig darauf, wie es vorher denn wirklich war. Tanzten die Leute wirklich bei Vollmond kopulierend um Feuer in Steinkreisen herum, bis der Papst es ihnen verboten hat? Beim Recherchieren sind wir auf den Artikel «Wer verfolgte die Hexen-Hebammen und warum? Oder Wie die sexualfeindliche Moral in Europa etabliert wurde» von Ottmar Lattorf gestossen.
«….Obwohl wir uns heute in den westlichen Industriegesellschaften auf dem Höhepunkt einer kulturellen Entwicklungs-Stufe wähnen, kann man das, was die Liebesfähigkeit, die Fühlfähigkeit, die Sexualität und das Liebesleben der Menschen anbelangt, bezweifeln. Es scheint eher so zu sein, dass wir uns diesbezüglich in einem der tiefsten Jammertäler befinden in das Menschen hineingeworfen werden können! Das durchschnittliche Liebesleben in den Industriestaaten scheint der unterentwickelte Rest, eine Degenerationsform dessen zu sein, was in alten, anderen oder „primitiven“ Kulturen zwischen den Geschlechtern an Selbstschauung und Ekstase möglich war! Und einer der Hauptgründe für die Rückentwicklung war die Hexen-Verfolgung…»
Klare Ansage. Wow. Und auch ein hochinteressanter Ansatz. Und wir wurden nicht enttäuscht. So viel Information auf einem sehr hohen Niveau, gut geschrieben und von erstaunlichen Seiten her beleuchtet.
Gut, über den ersten Teil kann man vielleicht geteilter Meinung sein, wer aber mehr über das ganze Thema und den Hintergrund des heutigen ambivalenten Umgangs mit Sexualität wissen will, für den wird es extrem spannend ab Kapitel 3 auf Seite 10 «Über das “Hexenwesen” im Mittelalter oder von den sexual-freundlichen Überbleibseln archaischer Lebensgewohnheiten europäischer Stämme».
Wusstet Ihr beispielsweise, dass der Niedergang des römischen Imperiums auch etwas mit einem Mangel an Arbeitskräften zu tun hatte, was wiederum auch auf den versiegenden Nachschub und die unbefriedigende «Zuchtfähigkeit» der Sklaven zurückzuführen war? Man ahnt, dass dies etwas mit Verhütung zu tun hat (die Sklavinnen konnten sich gegen Schwangerschaften und Geburten wehren) wobei Kräuter im Spiel waren und damit schon bald der Grundstein der «Hexerei» gelegt ist…..
Oder das hier, nur um ein kleines Müsterchen aus dem Text herauszuziehen:
«… das bis dahin normale Alltagsverhalten und die Kultur der unterjochten unchristlichen „Heiden“, was im Übrigen neben Landbevölkerung auch eine Bezeichnung für jemand war, der das „Heid“, die „göttliche Kraft“ verehrte. Diese Heiden also, Nachkommen der zerstörten und militärisch besiegten germanischen Stämme versammelten sich an bestimmten Tagen im Monat, im Jahr, an ganz bestimmten Plätzen in der Natur um ihre alten Kulturen und Traditionen, die ja ein Teil ihrer Identität waren, zu pflegen.
Die Rede ist von nächtlichen Festen an ausgewählten Orten in der Natur. Aber. Erst spät im 15. Jahrhundert – während der Zeit der Hexenverfolgung – wurden diese Treffen von der Inquisition als „Sabbate“ bezeichnet. Der Sabbat war der heilige Tag der Juden, an dem nichts erlaubt war, kein Handel, keine Arbeit, nur eins war an diesem Tag erlaubt: der Geschlechtsverkehr.
Die alten archaischen Naturreligionen – von welchen das Hexenwesen herstammte – hatten die Verehrung der Schöpfungskräfte von Mutter Natur, die Verwandtschaft aller Lebensformen, die Fruchtbarkeit der Lebewesen, die Feier des Lebens und die Feier der ungeheuren Kraft der menschlichen Sexualität zum Inhalt. Man fühlte sich auf unterschiedlichste Weise mit allen Kreaturen verwandt und fühlte sich in den ewigen Kreisläufen des Lebens eingebunden. Fast alle frühen Völker hatten eigene Traditionen und Feste zur Verehrung der Vielfältigkeit und Schönheit der Natur, der Fruchtbarkeit der Wälder des Bodens, der Tiere, der Frauen, der sexuellen Attraktionen und der körperlichen Liebe»
Und vom Heidenlärm:
«…Diese Gottesdienste fanden zu Vollmond statt und waren zugleich Treffpunkt, um wichtige Informationen auszutauschen, Massenpicknick, Karneval, Trink-Sexual-Orgie und Heilungszeremonie. Um die Bedürfnisse nach einer relativen Abgeschiedenheit vor unerwünschten Zuschauern, Häschern oder später den Hexenverfolgern zu gewährleisten und um ungestört die Lust an einer derben und lautstarken Ausgelassenheit (dem “Heidenlärm”) zusammenzubringen, waren diese Menschen gezwungen, ihre Festivitäten weit draußen in der Wildnis, auf Feldern, in Wäldern, auf abgelegenen Lichtungen, in Höhlen oder Feenkreisen, abzuhalten. Von Mitternacht bis zum Hahnenschrei dauerten diese Feste,..»
Es liest sich alles nicht in fünf Minuten, aber wer einen gut geschriebenen Text zu schätzen weiss und wirklich fundierte Informationen mit vielen Quellenangaben und Ausgangspunkten für weitere Gedanken und Recherchen sucht, der sollte sich ein Glas Wein holen, sich bequem hinsetzen und einfach mal hier reinklicken.
Das PDF findet sich hier (wie gesagt, spannend ab Kapitel 3 auf Seite 10):
www.berndsenf.de/pdf/HexenHebammenVerfolgung.pdf
Und wer den Text lieber vorgelesen haben möchte, findet auf YouTube eine entsprechende Version:
www.youtube.com/watch?v=IkUKDwz2GSU
Viel Spass!