Mikrofaser-Leder: Kunstleder der 3. Generation

Mikrofaser-Leder: Kunstleder der 3. Generation

Kunstleder ist nicht etwa nur eine kostengünstigere Alternative zu echtem Leder, sondern blickt bereits auf eine erstaunlich lange erfolgreiche Geschichte und Entwicklung zurück und wird auch überall dort eingesetzt, wo die Beanspruchung sehr hoch ist. Mit der dritten Generation, dem Mikrofaser-Kunstleder, hat sich Kunstleder nun definitiv einen mindestens gleichwertigen Platz an der Seite des echten Leders erobert (siehe dazu auch den Beitrag Echtleder oder Kunstleder?).

Was ist Mikrofaser-Leder?

Heutzutage ist es für den Laien kaum mehr möglich, ohne destruktive Testverfahren echtes Leder von gutem Kunstleder zu unterscheiden. Dieses fühlt sich nicht nur wie echtes Leder an, auch sind durch die Narbung bzw. die Oberflächenstruktur kaum Unterschied feststellbar. Bei qualitativ hochwertigem Mikrofaser-Leder sehen sogar Schnittkanten und Rückseite aus wie Leder und fühlen sich auch so an.

Kunstleder Schnittkante und Rückseite

Schnittkante und Rückseite von Mikrofaser-Leder

Mikrofaser-Leder ist sehr langlebig und hat antibakterielle und geruchshemmende chemische Eigenschaften. Es ist leicht, atmungsaktiver als die früheren PVC-Kunstleder und wasserabweisend. Im Vergleich zu Leder ist es ausserdem ein umweltfreundlicheres Produkt, das leicht zu reinigen ist und wenig Pflege benötigt.

Mikrofaser-Leder ist die Abkürzung für Mikrofaser-Polyurethan-Kunstleder. Es handelt sich dabei um Kunstleder der dritten Generation nach PVC-Kunstleder und PU-Kunstleder und ist eine neue Art von hochwertigem Kunstleder.

Aufbau und Stuktur von Leder und Mikrofaser Kunstleder

Oben: Kollagenfasern in Echtleder (links) und im synthetischen Nachbau (rechts). Unten: Querschnitt durch Echtleder (links) und durch das synthetische Analogon (rechts)

Mikrofaser-Leder besteht aus zwei Teilen, Nylon-Mikrofaser und Polyurethan, die fest miteinander verbunden sind.

In der Struktur des Grundgewebes sind die ultrafeinen Fasern dreidimensional miteinander vernetzt, um als Skelett und Stütze zu fungieren. Sie bilden eine Struktur ähnlich der dermalen Kollagenfasern.

Um die Fasern verteilt ist Polyurethan, wodurch das gesamte Kunstleder-Grundgewebe zu einem funktionalen Ganzen wird. Die vielen runden, nadelförmigen Schaumstrukturen bilden ein dreidimensionales Netzwerk.

Die Haarrillenstruktur dazwischen ist versetzt und zu einer feinen durchlässigen Struktur verbunden, damit der Lederkörper eine gewisse Atmungsaktivität und Feuchtigkeitsdurchlässigkeit hat.

Die beeindruckende Geschichte von Kunstleder

Geprägtes Kunstleder an Schmalfilmkamera ca. 1930

Geprägtes Kunstleder an Schmalfilmkamera ca. 1930

Kunstleder hat bereits eine beachtliche Geschichte von knapp 200 Jahren.

Bereits 1830 wurden Leinwände mit Leinöl-Mischungen bestrichen, in welche eine Struktur eingeprägt wurde.

Um etwa 1900 wurden diese Materialien abgelöst durch neue Verfahren, bei denen Trägergewebe mit einer Deckmasse auf Basis von Zellulosenitrat überzogen und auch mit Prägungen versehen wurde.

Pistolenhalfter aus Pressstoff aus 2. Weltkrieg

Pistolenhalfter aus Pressstoff aus 2. Weltkrieg

Zwischen 1900 und 1945 war auch der in Deutschland produzierte und in ganz Europa verwendete sogenannte “Pressstoff” populär; ein speziell behandelter und beschichteter Papierbrei.

Obwohl das ja ziemlich haarsträubend tönt, erfreute sich dieses Material tatsächlich sogar auch grösster Beliebtheit im zweiten Weltkrieg. Es fand unter anderem für Pferdegeschirre, Gürtel, Holster und vieles mehr Verwendung.

Es wurden in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts viele weitere Produkte entwickelt, wie beispielsweise “Naugahyde” oder auch das “Fabrikoid” von DuPont, ein mit Nitrocellulose beschichteten Baumwolltuch. Dieses wurde in den 1920er Jahren bereits stark für Autositzbezüge wie auch in den Verdecks von Cabriolets eingesetzt.

Patent Kunstleder Fabrikoid von DuPont 1920

Patent Kunstleder Fabrikoid von DuPont 1920

Mitte des 20. Jahrhunderts setzten sich dann verstärkt Materialien mit einer PVC-Deckschicht (Polyvinylchlorid) durch, bevor diese mittlerweile gerade im höherpreisigen Segment durch PU (Polyurethan) beschichtete Materialien und Mikrofaser-Leder abgelöst wurden.

Eigenschaften von Mikrofaser-Leder

Je nach Herstellungsvorgang und Güte des Kunstleders ist es beinahe unverwüstlich. Weder verändert es seine Form bei starker mechanischer Einwirkung, noch ist es – außer natürlich unter Zuhilfenahme von spitzen Gegenständen – mit normaler Kraft zu durchstoßen. Echtes Leder hingegen verliert vergleichsweise schnell seine Form, gibt unter Zug nach und verbeult bei einseitiger Abnutzung.

Kunstleder ist im Vergleich zu Echtleder leichter zu pflegen und ist unempfindlicher gegen Flecken. Das Kunstleder kann einfach mit einem feuchten Lappen abgewischt oder mit etwas Seife und einem Schwamm gerenigt werden (siehe aber dazu auch noch den letzten Abschnitt “Pflege”).

Nachhaltigkeit

Beim Vergleich der Ökobilanz von Echtleder mit Kunstleder aus PU-Verbindungen schneidet das Imitat deutlich besser ab. Durch den Verzicht auf tierische Produkte verursacht die Produktion von synthetischem Leder nur etwa die Hälfte der CO2-Emissionen. Darüber hinaus sind Wasserverbrauch, Einsatz giftiger Chemikalien und Produktionsabfälle wesentlich geringer als bei Tierleder.

Auch im Vergleich zu PVC-beschichteten Geweben, die giftige Weichmacher enthalten, ist PU der klare Sieger. Für Fans von Leder also eine echte Alternative – ganz ohne Tierleid. Da das Imitat auch frei von anderen tierischen Materialien ist, wie beispielsweise Wolle, Filz, Seide oder tierische Kleber und Farbstoffe, sind diese Produkte auch für Veganer geeignet.

Polyurethan ist ein Kunststoff – und damit im Hinblick auf Nachhaltigkeit noch immer nicht ideal. Im Vergleich zu Echtleder ist es jedoch deutlich umwelt- und klimafreundlicher. Verbraucher setzen zudem ein Zeichen gegen die Arbeitsbedingungen in den Produktionsländern und müssen sich keine Sorgen über Chromat-Rückstände auf der Haut machen.

Pflege

Kunstleder ist, wenn auch weniger als Leder, empfindlich wenn es um Sonneneinstrahlung geht, bitte deshalb vor dauerhafter direkter Sonne schützen.

Wie auch bei echtem Leder, greifen neben Sonne auch Schweiss, Hautfett, Cremes sowie einige Öle und Gleitmittel das Kunstleder an. Wenn diese Rückstände nicht entfernt werden, wird das Kunstleder brüchig. Es sollte deshalb nach der Benutzung immer mit einem feuchten Tuch abgewischt und kurz trocken abgerieben werden, um Verschleisserscheinungen vorzubeugen.

Für eine weitergehende Pflege muss beachtet werden, dass Kunstleder nicht wie herkömmliches Leder behandelt werden sollte. Pflegestoffe wie Lederfett würden nicht einziehen, sondern als unschöner Schmierfilm auf der Oberfläche verbleiben.
Deshalb gibt es spezielle Pflegemittel, welche man zusätzlich von Zeit zu Zeit anwenden kann, um sein Kunstleder möglichst lange schön zu erhalten. Diese Mittel bestehen meist aus Sets mit einem Reiniger und einer Versiegelung bzw. Imprägnierung.
Der Reiniger hilft, Verschmutzungen zu lösen und so die Oberfläche zu säubern. Eine Versiegelung wird auf das Kunstleder aufgetragen und verhindert, dass Schmutz und Abrieb auf dem Kunstleder ansetzen.

Es finden sich dafür im regionalen Fachhandel unzählige Produkte, weshalb wir hier auf punktuellen Erwähnungen bzw. Werbung verzichten und nur als Anregung auf diesen Anbieter verweisen, welcher auch Produkte für die Reparatur kleinerer Schäden an Kunstleder im Sortiment führt:

https://www.lederzentrum.de/tip/moebel/kunstleder.html

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